Samstag, 2. Februar 2008

Fieber II

Zitternd schlage ich die Augen auf. Was war nochmal... Verwirrt streichen die Fingerspitzen über die Brust, doch da ist nichts. Erkenntnis. Wieder nur ein Traum. Wie könnte es auch anders sein? Hatte ich wirklich geglaubt, dei Toten könnten zurückkehren? Bin ich inzwischen wirklich verrückt? Sie kommen nicht zurück. Tatsache. Besonders nicht die, deren Körper unter einem Halbtonnenschweren Auto zerquetscht wurden, schiesst mir der Gedanke, wie von einem Fremden eingeflüstert durch den Kopf.
"Ich muss wirklich langsam den Verstand verlieren..."
Die Worte kamen unwillkürlich gemurmelt über meine Lippen.
"Lass das."
Mahne ich mich selbst, schliesslich waren Selbstgespräche ein Zeichen dafür, dass man langsam wirklich den Verstand verliert. Ich richte mich langsam und zittrig auf, während ich mit einer raschen Bewegung den kalten Schweiss von der Stirn wische. Es wäre auch zu schön gewesen. Alles im Zimmer ist wie in meinem Traum... Panisch versuche ich es nicht Halluzination zu nennen, denn das hiess, mir selbst einzugestehen, dass ich bekloppt bin. Praktischerweise bin ich nicht ans Bett gefesselt, wenigstens ein kleiner Lichtblick. Unter der Tür fällt ein Lichtbalken herein und ich höre den schlurfenden Schritt der Pflegerin hinter der Tür vorbeikommen. Du miese, alte Schlampe! Denke ich bei mir, gleich danach der etwas schnellere Schritt der Auszubildenden, die ab und an hier war. Und dahinter gleich diese beschissene, kleine Bahnhofsnutte...
"Sie machen nur ihren Job, sie meinen es nicht böse."
Sage ich laut, um mich selbst davon zu überzeugen, dass es ganz in Ordnung wäre, Personalmangel mit Morphiumspritzen auszugleichen.Irgendwo auf der Station höre ich das dämliche Gesabbel eines der älteren Patienten. Halts Maul, Opa, den anderen geht es auch nicht besser, du elender Hosenscheisser!
Agressionen waren falsch. Ich greife nach dem Hübschen Plastikglas neben dem Bett auf der Kommode, das mit Kindermotiven geschmückt ist. Runterkommen, das war jetzt wichtig. Sonst komme ich hier nie raus... Ich greife unter das Bett, zu der Schlaftablettenchachtel, die ich heimlich mitgehen habe lassen. Ich nehme ein der Pillen raus, Schlucke sie mit ein wenig Wasser. Das würde reichen, um durchzuschlafen. Traumlos, hoffentlich... Ich lehne mich ins Kissen zurück und schliesse die Augen. Lange würde es sicher nicht dauern, bis das Mistzeug wirkte. Irgendwo, wahrscheinlich aus Richtung der Station, auf der die Kinder und Jugendlichen untergebracht waren, höre ich ein anschwellendes Schreien. Ein generftes Seufzen entringht sich meinem Mund. Konnten die Bälger nicht einmal die Klappe halten? Auch Bekloppte brauchten schliesslich ihren Schlaf. Nach einer Weile drehe ich mich auf die Seite. Wie lange dauert das denn noch? Nochmal ein Griff unters Bett, nach der Schachtel. Ein Schluck Wasser und runter damit. Wieder das Gequengel von der Kinderstation. Draussen rauscht der Wind in den herbstlich blattlosen Bäumen. Unruhig rolle ich mich herum, von der einen auf die andere Seite. Eine Weile liege ich noch nachdenklich da, dann beschliesse ich nochmal drein von diesen wirkungslosen Scheissteilen zu werfen.

Schwärze.



(Die Zustände in dieser Geschichte haben nichts mit denen in einer wirklichen Psychiatrie gemein, sie sind frei erfunden. Das hier wurde nicht geschrieben, um eine wahre begebenheit zu formulieren, sondern nur, um den Leser zu unterhalten und vielleicht ab und an zum Nachdenken zu bewegen.)

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